In einer Zeit, in der Natur nur noch unter dem Gesichtspunkt ihrer Zerstörung betrachtet werden darf, ist es schon für die psychische Gesundheit notwendig, sich zu befreien vom apokalyptischen Zeitgeist. Ich möchte mein Zuhause, die Welt, nicht nur kennenlernen, sondern erleben - und zwar nicht nur vom negativen Standpunkt aus. Das heißt nicht, dass ich mich den wissenschaftlichen Erkenntnissen verweigere, im Gegenteil! Ich will nur nicht zulassen, dass ich meinen Lebensraum nur noch unter dem Aspekt seiner Sterblichkeit betrachten darf.
Werden und Vergehen ist und war immer schon ein wesentliches Merkmal der Wirklichkeit. Natur als Ganzes aber wird auch in Zeiten des Klimawandels nicht aufhören zu existieren. Sie wird sich verändern. Das ist kein Risiko für die Natur, die auch im Klimawandel nicht aufhören wird, sich zu entwickeln, sondern für uns, denn die Natur wie wir sie kennen - und seit dem Beginn des Anthropozäns auch gestalten - ist unser Lebensraum. Umso wichtiger ist es, Natur nicht nur als Projektion für unsere Ängste, sondern als Faszinosum zu betrachten.
Die Natur als "Wunder" ist ein romantisches Motiv. Aber schon immer haben Menschen versucht, Natur zu gestalten und dadurch bewohnbar zu machen. Schon das erste Haus war ein Versuch, der ungestalteten Natur, also Kälte, Nässe und wilden Tieren zu entkommen. Auch jetzt werden wir unseren Lebensraum gestalten müssen, wenn wir katastrophale Entwicklungen vermeiden wollen. Die Welt ist ein wildes und vielfältiges Experiment, das für jeden von uns mit dem Tod enden wird. Bis dahin ist die Welt alles, was wir haben. Sie kennenzulernen und als kreative Inspiration zu begreifen, ist alles, was wir tun können.